Wie wird der Einkauf mit der aktuellen Aufgabenflut und Überlastung fertig?

In den letzten Monaten ist der Einkauf so stark unter Druck wie selten zuvor. Die Gründe: eine Kombination aus Inflation, Lieferkettenproblemen und Rezessions-Aussichten.

Unser Tisch ist gerade so voll, da ist keine Zeit für strategisches Arbeiten. Wir müssen erst einmal den Laden zusammenhalten.

Diese mehr als verständliche und berechtigte Aussage lässt sich aktuell oft hören. Und sie ist im Kern auch korrekt, denn wenn die fundamentalen Bedarfe und die Versorgung nicht gedeckt sind steht das gesamte Unternehmen vor einem großen Problem.

Es ist dennoch wichtig, zugleich einen Fokus auf die strukturellen Herausforderungen hinter der aktuellen Aufgabenflut zu legen. Nur so ist es möglich, dem Handlungsdruck und dem immer weiterwachsenden Verantwortungsbereich gerecht zu werden, ohne die eigenen Ressourcen maßgeblich aufstocken zu müssen.

Wie schafft es der Einkauf also trotz – oder gerade wegen – dem aktuellen Handlungsdruck strategisch zu handeln?

  • Problembewusstsein
  • Pragmatismus
  • Plattform
  • Proaktivität

Problembewusstsein

Gerade im stressigen und schnelllebigen Alltagsgeschäft ist es eine große Herausforderung, das große und ganze im Blick zu behalten. Der erste Schritt zur Performance-Steigerung ist es genau zu identifizieren, welche Probleme gelöst werden müssen.

Die Frage lautet also: Was genau sind die Herausforderungen meines Unternehmens, die den Einkauf betreffen und den größten Impact haben oder das größte Risiko bergen?

Antworten hierauf sind je nach Unternehmen und Branche stark unterschiedlich. Aktuell ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass eine Auswahl der folgenden Punkte dabei ist:

  • Akute Probleme bei der Versorgungssicherheit
  • Kostendruck (durch steigende Erzeugerpreise und Inflation)
  • Risiken in den Lieferketten
  • Personalengpässe (durch Corona-Ausfälle, generellem Fachkräftemangel oder einem zu kleinen Team für zu große Aufgaben)
  • Zu aufwendige und langwierige interne Prozesse
  • Steigende Compliance-Anforderungen (zum Beispiel durch das Lieferkettengesetz)

Aus dem klaren Bewusstsein für die wichtigsten und dringendsten Probleme lassen sich konkrete und messbare Ziele ableiten. Zum Beispiel:

 „Bis Ende des Jahres lösen wir uns von der geographischen Abhängigkeit in einer bestimmten Region. Das messen wir mit dem Warenstrom (Volumen) aus dieser Region zum eigenen Unternehmen.“

„In unserer Professional Services Warengruppe möchten wir 5% des Jahres-Spends einsparen. Das messen wir durch den Vergleich des Bestellungs-Volumens oder Verhandlungsergebnisse.“

Im nächsten Schritt lässt sich die Umsetzung der Ziele klar priorisieren, je nach dem Nutzen oder möglichem Risiko, wenn das dahinterstehende Problem nicht gelöst wird. Dabei ist es wichtig, den vollen Fokus der Einkaufsorganisation auf wenige Ziele gleichzeitig zu legen, die klar definiert sind und einen klar abgetrennten Bereich betreffen.

Auf diese Weise lassen sich schnelle Erfolge erzielen, die einen direkten positiven Einfluss haben und dann wiederum auf die gesamte Aufgabenlast des Einkaufsteams einzahlen. Das erleichtert es, die Aufmerksamkeit auf weitere Ziele und Initiativen zu lenken und nimmt Schritt für Schritt den akuten Handlungsdruck aus der Organisation.

Pragmatismus

Nicht alle Probleme können sofort und perfekt gelöst werden. Nicht alle denkbaren Initiativen und Potenziale lassen sich sofort heben.

Die gute Nachricht ist allerdings, dass sich die größten Blöcke und Potenziale zumeist verhältnismäßig schnell angehen lassen. Für eine 100%-Lösung hingegen muss deutlich mehr Aufwand mit einem immer weiter abnehmenden Nutzen investiert werden.

Wenn beispielsweise Einsparpotenziale gesucht werden, liegt allein aufgrund des Volumens das größte Potenzial innerhalb der Warengruppen mit dem höchsten Spend. Ohne Zweifel lohnt es sich auch die kleineren Warengruppen in den Blick zu nehmen, aber in einer Situation mit großem Handlungsdruck liegt der Vorteil von kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen mit dem größten finanziellen Nutzen auf der Hand.

Plattform

Dieses Stichwort ist doppeldeutig gemeint.

Zum einen benötigen Entscheidungen für strategische Initiativen und deren Priorisierung stets eine Plattform im Sinne einer validen Entscheidungsgrundlage. Nur wenn genau bekannt ist, in welchen Warengruppen eine geographische Abhängigkeit oder Einsparpotenzial besteht kann hier aktiv gegengesteuert werden. Zur Lösung von prozessualen Problemen – zum Beispiel zu hohem Aufwand zur Verhandlungsvorbereitung – ist die genaue Kenntnis dieser Aufwände entscheidend.

Im anderen Sinne kann eine technologische Plattform dabei unterstützen, genau die nötige Entscheidungsgrundlage zu liefern. Der Einkauf kann die eigenen anfallenden Daten mit Spend Analytics dazu nutzen Optimierungsmöglichkeiten innerhalb der Warengruppen aufzudecken. Das Tracking von Kennzahlen auf Basis dieser Daten hilft dabei Prozessengpässe aufzudecken und hier die schnellsten und pragmatischsten Ansatzpunkte zu identifizieren. Technologie ist ein Hilfsmittel, um die eigenen Ziele im Einkauf zu erreichen.

Proaktivität

Der Punkt der Proaktivität geht auf das Eingangszitat zurück: es gebe aktuell keine Zeit um strategisch zu handeln. Häufig ist es jedoch so, dass akut hohe Aufwände und eine Überlastung mit strukturellen Schwierigkeiten zu tun haben.

Wenn diese grundlegenden Themen nachhaltig gelöst werden, so stehen die frei werdenden Ressourcen wiederum zur Lösung der nächsten herausfordernden Situation zur Verfügung. Deshalb ist es wichtig bei jeder Initiative darüber nachzudenken, ob der investierte Aufwand noch einmal wiederholt werden muss – wenn ja, ist es häufig sinnvoll hierfür effizientere Strukturen zu schaffen.

Ein Beispiel: es wird identifiziert, dass die Prozesse zur Auswertung von Ausschreibungen aufwendig und mühsam sind. Bei vielen Ausschreibungen werden ad hoc neue Kriterienkataloge erstellt und Excel-Templates entworfen deren Auswertung später hohe Aufwände produzieren. Möglicherweise ließe sich hierfür jedoch auch ein standardisierbares Vorgehen etablieren und ein Ausschreibungs-Template oder Tool nutzen, das den Prozess maßgeblich unterstützt. So wäre dieses Problem auch für die Zukunft besser gelöst – das Team kann dann in derselben Zeit mehr Ausschreibungen bearbeiten.

Nicht zuletzt sind die Schnittmengen zwischen vielen grundlegenden Problemen zumeist groß. Wird ein Problem nachhaltig gelöst, so zahlt dies auch auf zahlreiche weitere Prozesse ein. Zum Beispiel erleichtert eine gute Lösung zum Reporting von Spend-Zahlen sowohl die Verhandlungsvorbereitung als auch das Erstellen von Ausschreibungsunterlagen. Das möchte heißen: strategisches Arbeiten hilft dabei, dass die insgesamte Aufgabenlast gar nicht erst zu groß wird.

Einkaufs-Teams leisten einen enormen Beitrag für das Unternehmen

Die aktuelle Marktsituation für den Einkauf ist alles andere als einfach zu managen. Es ist dennoch wichtig strategische Initiativen nicht aus dem Blick zu verlieren, weil sie mittelfristig zu einer enormen Arbeitserleichterung führen.

Unter dem Strich wird dadurch die Performance und auch die Resilienz des Unternehmens gegenüber weiteren stressigen Phasen nachhaltig gesteigert.

Der Nutzen ist bei einer konsequenten Umsetzung enorm: es wird ein erheblicher Beitrag sowohl zur Kostensenkung, zu operativer Performance als auch zur Abwehr von Risiken geleistet.

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